Ein Artikel von Sebastian Halm in der iBusiness am 08.07.13 zu den kommenden Megatrends in der Werbung mit den Folgen für das Online Marketing.
Die Marketing-Kontinentaldrift: Welche Megatrends die Werbung der Zukunft bestimmen
Im Online Marketing verschmelzen immer mehr Disziplinen und Märkte miteinander: Das zeigt die iBusiness-Karte der Konvergenzmärkte der Werbung. Sieben Megatrends zeigen, wo Geschäftsmodelle entstehen und wie die Werbung der Zukunft aussieht.
In der Marketingwelt vollziehen sich einige Kontinentalverschiebungen: Technisch getriebene Tools befeuern einen Wandel im Advertising, semantische Technologien verändern in visionären Zeitrahmen die Suche und der Mobiltrend nivelliert zunehmend die Unterschiede zwischen lokalem und globalem Marketing.
Wichtige Treiber hinter dieser Entwicklung sind zum einen die sozialen Medien mit ihren viralen Mechanismen, dem nutzergenerierten Content und der großen Nähe zwischen Individuum und Marke. Parallel dazu verändern besonders hochgezüchtete technische Innovationen in den Bereichen Adserving und Targeting (etwa das Real Time Bidding) den Markt des Mediabuyings und Advertisings. Und die immer weiter verwischenden Grenzen zwischen mobiler und stationärer Nutzung lassen weitere Märkte und Dienstleister konvergieren, die aktuell noch weitgehend isoliert stehen. Die iBusiness-Übersicht der Marketingdisziplinen und Marktteilnehmer zeigt, wo sich Tools, Dienstleister und Marketingformen heute befinden. Und derzeit stellt sich die Marketinglandschaft als stark granularisiertes Gebilde dar.
Konvergenzmärkte im Marketing
Je weiter auf der linken Seite angesiedelt, desto lokaler ist die Relevanz/das Anwendungsgebiet eines Marketing-Tools oder Marktteilnehmers, rechts agieren globale Werkzeuge und Player. Oben stehen Tools und Unternehmen mit größtmöglicher Nähe zum Nutzer, wer weiter unten steht, hat eher die Nähe zur Marke, die die Werbebotschaft sendet. (Grafik: HighText Verlag)
Marketingdisziplinen und Marktteilnehmer
Die Landkarte der Konvergenzmärkte zeigt darauf aufbauend, welche Marketingformen und welche Marktteilnehmer sich zunehmend einander annähern und miteinander verschmelzen. Der Blick auf diese Konvergenzmärkte zeigt Megatrends in sieben Bereichen auf, die das Marketing nachhaltig prägen werden. Bereich Regionalmarketing: Die lokale Relevanz für Kampagnen wächst: Advertising auf Regionalportalen oder über standortbezogene Dienste gewinnt an Bedeutung, der Nutzer muss am POS über Kiosksysteme und in seinem Lebensumfeld über Eventmarketing angesprochen werden. Angetrieben wird dieser Trend durch die immer stärkere Verbreitung mobiler Geräte.
* Bereich Vertriebsmarketing: Offline-Couponing verschmilzt mit Online-Couponing, Marken müssen dem Nutzer erlauben, Gutscheine kanalübergeifend einzusammeln und einzulösen und dabei Affiliates, Vergleicher und Aggregatoren zu ihren Komplizen machen. Auch die geschickte Verwendung von Digital Signage bietet hier Potenzial. * Bereich Content: Contentbasiertes Marketing hat schon seit langem hohe Relevanz für das SEO – Googles immer hungriger nach hochwertigen Inhalten suchende Algorithmen sind die Treiber. Doch auch das virale Potenzial der Werbung in sozialen Netzen steigert die Nachfrage nach Content und lässt Tools miteinander verschmelzen – wie etwa den Firmenblog, den sozial teilbaren Newsletter, das Branded Entertainment und das Viralvideo. Sie alle sind Bausteine von contentgetriebenen Kampagnen, die mehr und mehr den Mechanismen der Echtzeit unterworfen werden: Schnelle Reaktionszeiten sind für Marketing in diesem Feld unerlässlich. * Bereich Media: Im Onlinewerbeprozess zwischen der Marke als Auftraggeber, der Werbeagentur als kreativer und beratenden Instanz, der Mediaagentur als Aggregations- und Buchungssystem, dem Vermarkter als Mediadaten-Aggregator und den Medien als Werbeplattformen verschieben sich die Funktionen. Zwischen Marken und Medien bleibt – zumindest bei großen Marken mit hoher Eigenkompetenz – nur noch eine Beratungs- und Execution-Instanz übrig. Die einzelnen Werbe-Instanzen werden im immer härteren Wettbewerb zueinander stehen – bis hin zum offenen Verdrängungswettbewerb. * Bereich Analytics: Webanalyse, Tracking, Targeting und CRO werden im Backend immer mehr in einem ganzheitlichen Ansatz betrachtet und mit ganzheitlichen, integrierten Lösungen angegangen werden. Dynamischen Reaktionen auf das Nutzerverhalten, personalisierten Seiten und individueller Ansprache gehört die Zukunft. * Bereich IT: Kundendaten-Management verschmilzt mit den anderen Lösungen im Backend – der Business Intelligence, dem Produkt-Informationssystem. Immer umfassendere Lösungen generieren für Shops immer tiefere Einblicke darin, welche Zielgruppe was benötigt, wie sie dabei anzusprechen ist und auf welchen Kanälen man sie erreicht. * Bereich Big Data: Gemeinsam formen Analytics und IT den Konvergenzmarkt Big Data. Analysetools werden ebenso wichtig wie die Systeme, mit denen sich die gewonnenen Erkenntnisse operativ umsetzen lassen. Die Intelligenz im Backend stemmt große Datenmengen, wertet sie aus und verknüpft sie mit Handlungsanweisungen zur Ansprache via Targeting, zur Optimierung der Seite für individuelle Nutzer.
Fünf Lehren aus den Konvergenzen im Marketing
Marketing wird kleinteiliger und komplizierter, zugleich sind die Einzelteile immer stärker verbunden. Was das bedeutet:
1. Zum einen wächst der Bedarf an Consulting – die immer kompliziertere Marketingwelt schafft einen enormen Beratungsbedarf. 2. Technik ist ein Treiber hinter Marketingtrends, schafft aber keine neuen Disziplinen oder Märkte: Real Time Bidding ist keine Revolution, sondern nur eine Kraft hinter einer allmählichen Evolution. Und es gibt trotz Mobile-Boom nach wie vor keinen mobilen Commerce, sondern nur stationären Commerce auf Mobilgeräten (ein wichtiger Unterschied). 3. Ohne Vernetzung gibt es keinen Erfolg – es reicht nicht, auf allen Kanälen präsent zu sein, wenn diese nicht untereinander verbunden sind. Das gilt im Marketing wie im Commerce: Ein Kunde muss online bestellen und im Laden abholen können, im Shop einen Gutschein auflesen und in der Filiale einlösen können. 4. Der große Schattentrend hinter dem Marketing ist die Semantik. Origineller Content wird wichtiger, die Stellung von Aggregatoren und Preisvergleichern gerät unter Beschuss. Dies sind die Folgen davon, dass Inhalte bei der semantischen Suche mehr als Optimierung, Antworten mehr als Links zählen. 5. Ganzheitliche Supertools im Backend steuern das Marketing. So etwa das soziale CRM – doch dabei muss nicht immer die hochgerüstete technische Lösung die beste sein. Ein gut eingespieltes Team mit sauberen Prozessen kann mit einer Excel-Tabelle, einem Internetanschluss und einer Telefonliste genauso viel für das Marketing tun
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